In ihrem Vortag „Dialektik der neoliberalen Konjunktur: Entsicherung, Empowerment und Anti-Gender-Mobilisierung“ zeichnete Birgit Sauer nach, wie Geschlecht und Sexualität zur Mobilisierung durch rechts-autoritäre Akteur*innen instrumentalisiert werden. Sie stellte eindrücklich dar, wie komplexitätsreduzierende Verschwörungs- und Bedrohungsnarrative aufgemacht werden und Geschlechter- und Sexualpanik sowie maskulinistische und nationalistische Identitätspolitik mit affektiven Versprechen rechte Hegemonie im Denken und Fühlen zu verankern sucht. Die anschließende Diskussion drehte sich um Female Rage und die Möglichkeiten bzw. die Notwendigkeit eines affektiven Feminismus als Antwort auf oben beschriebene rechte Mobilisierung durch Emotionen.
Das Thema reproduktive Gerechtigkeit stand im Mittelpunkt der zweiten Veranstaltung und wurde mit den vier Expertinnen Claudia Alkofer (profamilia Regensburg), Eva-Maria Meier (profamilia Niederbayern-Oberpfalz e. V.), Emma (pia Regensburg) und Lea (msfc Regensburg) und der Moderatorin Miriam Kerl diskutiert. Sowohl wissenschaftliche Studien als auch die Erfahrungsberichte von Beraterinnen im Bereich Schwangerschaftsabbrüche zeigen deutlich, dass die anhaltende gesetzliche Rechtswidrigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland die freie Wahl von schwangeren Frauen deutlich einschränkt. Zwar gibt es die Möglichkeiten unter bestimmten Bedingungen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Neben der gleichzeitig anhaltenden gesellschaftlichen und individuellen Stigmatisierung ist es aber v.a. die schlechte ärztliche Versorgungslage, die große Hürden bei einer Entscheidung für eine Abbruch aufbaut. Es gibt zu wenig Ärzt*innen, die Abbrüche im Rahmen der Gesetzeslage anbieten; insbesondere Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind unterversorgt. Auch die Situation in Regensburg hat sich stark verschlechtert. Die Diskutantinnen sprachen sich deutlich dafür aus, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen, wie es auch schon eine von der letzten Bundesregierung eingesetzte Expertinn*enkommission empfohlen hatte.
Ricarda Drüeke untersucht an der Universität Salzburg, in welcher Form feministische Akteurinnen mit Social Media arbeiten. Ihr Beispiel der ‚Omas gegen rechts‘ zeigt anschaulich, dass Social Media integraler Bestandteil jeder aktuellen politischen Bewegung ist, dass diese Form der Kommunikation aber immer nur ein Teil der Vernetzung und politischen Information darstellt. Persönlicher Kontakt, direkte Demonstrationen und viele weitere Formen praktischer Solidarität umspannen die Social Media-Kommunikation; insbesondere bei den ‚Omas‘, aber vermutlich auch, wie anschließend diskutiert wurde, bei eher ‚jüngeren‘ Bewegungen. Der Vortrag bot im Weiteren viele Anregungen zu Debatten über Alters- und Frauenbilder an und auch dabei zeigen sich Ambivalenzen: Die Akteurinnen spielen durchaus mit gesellschaftlichen Vorstellungen über ‚alte Frauen‘ und nutzen Stereotypen, um über die Gefahr gegen die erstarkende extreme Rechte aufzuklären. Gleichzeitig sind sie aber gerade als Frauen und sowieso als ‚alte Frauen‘ Angriffen und abwertenden Zuschreibungen rechtsextremer Akteure ausgesetzt.
Es gibt also weiterhin viel zu diskutieren. Dazu geben die nächsten drei Vorträge eine hervorragende Gelegenheit und wir laden herzlich dazu ein:
Dienstag, 25.11.2025: Zwischen Sichtbarkeit und digitaler Gewalt: Öffentliche Wissensdiskurse als Herausforderung für die Gleichstellung in der Wissenschaft. Vortrag Kyra Schneider (Forschungsprojekt Digital Hate, OTH Regensburg)
Dienstag, 09.12.2025: Das Selbstbestimmungsgesetz: menschenrechtliche Anforderungen und Erfahrungen in der Anwendung. Vortrag Nele Allenberg (Deutsches Institut für Menschenrechte Berlin)
Dienstag, 16.12.2025: Feministische Solidaritäten. Vortrag Lea Susemichel (Journalistin, Autorin, Lehrbeauftragte, Wien)

