Familienplanung ist in modernen Gesellschaften zu einer sehr komplexen Angelegenheit geworden – vor allem für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch stellen sich viele Fragen: Von der In-Vitro-Fertilisation, also der Befruchtung im Reagenzglas, über das Einfrieren von Eizellen bis hin zur Präimplantationsdiagnostik (PID).
Für das Forschungscluster „Ethik, Technologiefolgenforschung und Nachhaltige Unternehmensführung“ (ETN) der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg, war dies Anlass, eine Veranstaltungsreihe rund um das Thema „Reproduktionsmedizin“ ins Leben zu rufen. Kooperationspartner sind das Evangelische Bildungswerk Regensburg e.V. (EBW) und die Katholische Erwachsenenbildung im Bistum Regensburg e.V. (KEB)
Den Auftakt machte am 24. März 2015 Prof. Dr. med. Monika Bals-Pratsch, Gynäkologin mit dem Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin von Profertilita, Zentrum für Fruchtbarkeitsmedizin. Sie referierte über die Geschichte der Reproduktionsmedizin und berichtete aus ihrem Praxisalltag. Durch das Programm moderierte Dr. Carsten Lenk vom EBW.
Prof. Bals-Pratsch gab einen Überblick über grundlegende Aspekte der Reproduktionsmedizin. Eine entsprechende Behandlung käme für Frauen mit Eileiterschäden, Männer mit reduzierter Samenqualität, Frauen und Männer mit erschöpfter Eizell- und Samenreifung, Frauen und Männer mit hohem Risiko für erbkranke Kinder oder Fehl- oder Totgeburten und/oder junge Männer und Frauen vor Behandlungen mit Verlust der Fruchtbarkeit in Frage.
Dass auch ältere Frauen mit spätem Kinderwunsch über eine Kinderwunschbehandlung nachdenken, sei ein Thema, das insbesondere von großem Medieninteresse begleitet ist: Seit Firmen wie Apple und Facebook ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen bezahlen, ist Social Freezing in aller Munde.
„Wir versuchen Herzenswünsche zu erfüllen"
Trotz des enormen Medienechos werde hierzulande, anders als in den USA, im Freundes- oder Bekanntenkreis über die Problematik geschwiegen. „Es wird nicht öffentlich über das Thema geredet“, so Prof. Bals-Pratsch, was für sie ein ernsthaftes Problem darstelle. Dennoch gewinne das Thema zunehmend an Bedeutung, wenn auch seit 2003 die Zahl der Behandlungen deutlich nachgelassen habe. Dies hänge damit zusammen, dass Krankenkassen seither nur noch für vier volle Behandlungszyklen aufgekommen sind; aktuell werden gar nur noch drei Zyklen je zur Hälfte übernommen.
„Wir versuchen Herzenswünsche zu erfüllen, jedoch sind sich viele den ausgesetzten Risiken nicht bewusst“, sagte Prof. Bals-Pratsch. Der unerfüllte Kinderwunsch werde von Patientenseite häufig mit einer schwerwiegenden, unheilbaren Krankheit verglichen. Zwar können reproduktionsmedizinische Technologien, wie z.B. die In-Vitro-Fertilisation, die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), bei der die Samenzelle direkt in das Zytoplasma einer Eizelle eingespritzt wird, sowie die Kryokonservierung (das Einfrieren von Zellen) eine Schwangerschaft ermöglichen, die Risiken sollten aber nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich komme es zu Mehrlingsrisiken sowie zu Komplikationen bei der Eizellenentnahme. In 0,2 Prozent der behandelten Fälle komme es zum Überstimulationssyndrom, das mit Symptomen der Luftnot, Kurzatmigkeit und/oder dem Anschwellen des Bauches einhergehen könne.
Weitere Termine der Reihe "Reproduktionsmedizin":
Die weiteren Vorträge der Reihe beschäftigen sich mit juristischen, theologischen, ethischen und sozialpsychologischen Aspekten der Reproduktionsmedizin.
Mittwoch, 13. Mai, 19.30 Uhr, Turmtheater: „Der Mensch als Schöpfer?“, Gäste: Professor Herbert Schögel, Professor für Moraltheologie an der Universität Regensburg, PD Dr. Günter Fröhlich, Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie der Universität Regensburg, Dr. Stephan Schleissing, Geschäftsführer am Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften an der LMU München, Moderation: Benedikt Ströher (KEB), Kosten: 6,-/4,-, Schüler und Studierende zahlen keinen Eintritt
Dienstag, 2. Juni, 18.30 Uhr, Regina-Kino: „Der lange Weg zum eigenen Kind“, Dokumentarfilm und Fachgespräch, Gäste: Doris Schiller (Donum Vitae), Michaela Röder-Bassenge (Heilpraxis Michaela Räder-Bassenge), Prof. Dr. Sonja Haug (OTH Regensburg), Moderation: Dr. Carsten Lenk (EBW), Kosten: 8,-/6,-