Kann Soziale Arbeit unpolitisch und unkritisch sein? Antworten auf diese zugegebener Weise rhetorisch formulierte Frage wurden in den diversen Veranstaltungen der "Tage der Kritischen Sozialen Arbeit im globalen Kontext" am 17. und 18. November 2015 argumentativ entfaltet.
Diese erstmals an der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften als Gemeinschaftsprojekt zwischen der Studierendenvertretung, Forum Sozialwissenschaften (FoSo) und der Fakultät durchgeführte alternative Form des Lehrens und Lernens hat externe Referenten und Referentinnen, Kollegen und Kolleginnen, Lehrbeauftragte der Fakultät und Vertreter und Vertreterinnen von Berufsverbänden eingebunden und zu sehr konstruktiven Gesprächen und Diskursen zwischen Auditorium und Vortragenden angeregt.
Eingeladen waren alle Studierenden, Kollegen und Kolleginnen, Lehrbeauftragte sowie Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen aus der Praxis. Die Organisation der Fachtagung lag weitgehend in den Händen des Arbeitskreises KRISA, dessen hervorragende Leistung von allen Gästen herausgestellt wurde.
Das Studierendenhaus war als Veranstaltungsort an den zwei Tagen ganztags belegt. Nach der Begrüßung und der Einleitung in die Thematik durch Prof. Dr. Ruth Seifert, OTH Regensburg, hat Prof. Dr. Susanne Maurer, Universität Marburg, in ihrem Vortrag „Möglichkeiten einer kritischen Theorie und Praxis Sozialer Arbeit“ facettenreich und theoriebasiert aufgezeigt.
Diesem Plenumsvortrag folgte nach einer kurzen Mittagspause ein das Studierendenhaus füllender Beitrag von Prof. Dr. Karin Scherschel, Hochschule RheinMain, zu „Asyl und Flucht zwischen nationalstaatlicher Kontrolle und Menschenrechten – Perspektiven für eine kritische Soziale Arbeit“.
Am Nachmittag bestand die Möglichkeit, im Studierendenhaus die Ergebnisse des Projektberichts von Prof. Dr. Ger Duijzings, Universität Regensburg, und seinen Studenten und Studentinnen zu den „Regensburger Nachtschichten“ zu folgen oder sich mit Franziska Güther, B.A. und UNHCR-Praktikantin in Nürnberg, auf die Suche nach Antworten auf die Frage „Bekommen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge den Schutz in Deutschland, der ihnen nach internationalem Recht zusteht?“ zu begeben. Um 17 Uhr wurde im Foyer der Fakultät im dritten Stock das einladend vorbereitete Infozentrum „Soziale Strategien kritisch hinterfragt“ durch das Forum Sozialwissenschaften eröffnet.
Theorie und Empirie in der Sozialen Arbeit
Der zweite Tag startete um 8.30 Uhr mit zwei parallel stattfindenden Workshops: Die Kollegen der Fakultät Prof. Dr. Christian Zürner und Prof. Dr. Thomas Krause traten in einen Diskurs zu „Theorie und Empirie in der Sozialen Arbeit“, der für die anwesenden Studierenden und Dozierenden eine neue Qualität einer transdisziplinären Betrachtung darstellte, wie er in der „normalen“ Lehre nicht enthalten ist.
Parallel dazu stellte Daniel Doll, B.A. die Ergebnisse seiner empirischen Studie im Rahmen seiner Bachelorarbeit „Studentische Einstellung zur Sozialarbeitswissenschaft“ vor, die Anlass für ausreichend Gesprächsstoff über das disziplinäre Bewusstsein der Studierenden gab. Im Anschluss daran referierte Prof. Dr. Darja Zavirsek, Universität Ljubljana, Slowenien, über „Soziale Arbeit als Wissenschaft im internationalen Kontext“. Auch sie ging auf den Prozess der disziplinären Verankerung der Sozialen Arbeit ein.
Prof. Dr. Frank Bettinger, Hochschule Fresenius Hamburg, Repräsentant des Arbeitskreises Kritische Soziale Arbeit Bremen, referierte zum Thema „Politische Soziale Arbeit – (Un-)Möglichkeiten“ und sprach als sozialpädagogischer Berufsvertreter die anwesenden Studierenden in ihrer professionellen Entwicklung besonders an.
Im Anschluss daran gab es die Auswahl zwischen dem Vortrag von Prof. Dr. Wolfram Backert, OTH Regensburg, „Inklusion: Ein neuer Impuls für die Debatte um soziale Ungleichheit aus der Perspektive der Kritischen Sozialen Arbeit“ und Herrn Dipl.-Sozialpäd. (FH) Wolfgang Mayer „Bewährungshilfe – kritische Perspektiven“.
In Podiumsdiskussion „Kritische Stimmen bündeln"
Die „Tage der Kritischen Sozialen Arbeit“ wurden abgerundet von einer Podiumsdiskussion „Kritische Stimmen bündeln – Organisation und Interessensvertretung für Sozialarbeiter_innen“. Auf dem Podium vertreten waren Prof. Dr. Andreas Schwarz von der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, Dipl.-Sozialpäd.in (FH) Gerti Oberhauser vom Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V., Dr.in Brigitte Zach von ver.di – Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Norbert Hocke von GEW – Die Bildungsgewerkschaft und Prof. Dr. Frank Bettinger vom Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Bremen. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Daniel Doll, B.A. und Caroline Bohn, Vertreterin des Arbeitskreises Praxissemestervergütung des FoSo.
Die Frequentierung der Veranstaltung sowie die regen Gespräche nach den jeweiligen Vorträgen und Workshops sowie darüber hinaus das Aufgreifen von Themen der Kritischen Sozialen Arbeit während des laufenden Semesters demonstrieren, dass eine fokussierte Auseinandersetzung mit Kritischer Sozialer Arbeit Wirkung zeigt.
Die Ausführungen zur eingangs gestellten Frage fallen jetzt oft differenzierter aus, somit setzte die Fachtagung wichtige Impulse in der Auseinandersetzung mit Kritischer Sozialer Arbeit. Die Vorträge wurden von einer studentischen Projektgruppe einer Lehrveranstaltung unter Leitung von Dipl.-Sozialpäd. (FH) Uwe Stritzel, M.A. aufgenommen. Eine Text- und Videodokumentation sind in Arbeit.