Sea-Eye berichtet von Rettung von Flüchtenden im Mittelmeer

Michael Buschheuer, Gründer des Regensburger Vereins Sea-Eye, berichtete Studierenden des Bachelors International Relations and Management an der OTH Regensburg davon, wie Sea-Eye im Mittelmeer Flüchtenden das Leben rettet.

Woher kam das Geld für das erste Schiff Sea-Eye? Wie gefährlich ist die Seenotrettung für die Crew? Unterstützt der Verein Sea-Eye mit seiner Tätigkeit das System der Schlepper? Viele Fragen stellten rund 80 Studierende des Bachelors International Relations and Management an der OTH Regensburg dem Gründer des Regensburger Vereins Sea-Eye Michael Buschheuer.

Buschheuer war am 29. März zu Gast, um von der Situation der Flüchtenden im Mittelmeer vor der libyschen Küste und von den Einsätzen der Sea-Eye zu berichten, durch welche im Jahr 2016 insgesamt 5.568 Menschen gerettet werden konnten. Für Studiengangfachberater Prof. Dr. Markus Bresinsky ist Buschheuer einer, der Politik macht, somit idealer Gesprächspartner für seine Studierenden, die sich in ihrem Studium unter anderem mit internationaler Politik und Institutionen beschäftigen. „Sie sind auch die Generation, die das komplexe Thema Flüchtlinge lösen werden muss“, sagte Prof. Dr. Bresinsky an seine Studierenden gewandt. 

„Menschen retten ist notwendig“

Das Ziel des Vereins Sea-Eye sei es schlicht und einfach Menschen zu retten, so Buschheuer. Er habe nicht tatenlos zusehen können, dass Menschen ertrinken, deshalb gründete eine Gruppe um den Regensburger Buschheuer im Herbst 2015 den Verein. Inzwischen unterstützen den Verein rund 700 Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland. Buschheuer erklärte den Studierenden, dass es vor der libyschen Küste keine offizielle Mission gebe, welche vorrangig die Rettung von Menschenleben zum Ziel habe. Die Mission Triton von der europäischen Agentur Frontex zum Beispiel hat vorrangig die Aufgabe, die Außengrenzen der EU in Italien zu sichern. Für ihn – im Hauptberuf Maler und Lackierer – sei das Retten von Menschenleben keine Profession. Er mache es, weil es sonst keiner macht und er es für notwendig halte. 

Sea-Eye setzt SOS-Notruf ab  

Im Herbst 2015 erwarb der Verein also einen ehemaligen Fischkutter und taufte ihn Sea-Eye. Buschheuer finanzierte den Kauf vor. Im April 2016 startete das Schiff auf seine Fahrt vor die Küste Libyens. Die Crew besteht stets aus rund acht Personen, darunter ein Kapitän, ein Maschinist und ein Arzt. Die Motivation aller sei es, Menschen zu retten, so Buschheuer. Alle zwei Wochen wird die Crew ausgewechselt. Die Unterstützer arbeiten alle ohne Bezahlung.

Auf dem Meer hält die Crew der Sea-Eye dann Ausschau nach Booten mit Flüchtenden. Wenn ein Boot entdeckt wird, versorgt die Sea-Eye-Crew die Flüchtenden mit Rettungswesten und Wasser, die Boote werden mit Rettungsinseln entlastet. Schwerverletzte können an Bord der Sea-Eye versorgt werden. Gleichzeitig setzt Sea-Eye einen SOS-Notruf an die „Seenotleitstelle Mittelmeer“ in Rom ab. Die Sea-Eye arbeitet auf Grundlage des Seerechts, in welchem festgelegt ist, dass Schiffe, welche auf andere, in Not geratene Schiffe treffen, helfen müssen. Und ja, die Einsätze seien nicht ungefährlich, so Buschheuer auf Nachfrage. Eine Geiselnahme von zwei Crewmitgliedern durch Libyer zum Beispiel sei glücklicherweise gut ausgegangen.

„Loch im Zaun in Libyen“

Buschheuer schilderte in seinem Vortrag die chaotischen und unkalkulierbaren Zustände an der libyschen Küste. Die Schlepper seien „profitgierige Mörder“, denen die Menschen vollkommen gleichgültig sind, so Buschheuer. Die Schlepper schicken die westafrikanischen Flüchtlinge in seeuntüchtigen, meist Schlauchbooten aufs Meer hinaus. Bis an die 400 Kilometer weit entfernte Küste schafft es keines der Boote. Wenn die Boote also nicht entdeckt werden und die Flüchtenden gerettet, sterben die Bootsflüchtlinge im Meer. 2016 soll es laut offiziellen Statistiken 5.000 Tote im Mittelmeer gegeben haben, so Buschheuer, über die Dunkelziffer rede keiner. Auf das, wie es Buschheuer nennt, „Loch im Zaun in Libyen“, durch welches sich alle Flüchtenden zu Schiff auf den Weg nach Italien machen, gebe es aufgrund der unkalkulierbaren politischen wie gesellschaftlichen Bedingungen im Land Libyen keinerlei Einflussmöglichkeiten. 

Um jede Spende und Unterstützung dankbar

Nein, das System der Schlepper unterstütze der Verein mit seiner Seenotrettung ganz bestimmt nicht, so Buschheuer auf eine kritische Nachfrage. Es gebe laut Studien keinen Effekt, der dazu führe, dass die Schlepper noch aktiver würden, aufgrund der Tatsache, dass die Flüchtenden gerettet werden. „Eine Geisel wird auch nicht erschossen, um den Geiselnehmer zu stoppen“, so Buschheuer, also wolle er auch nicht tatenlos zusehen, wie Flüchtende ertrinken. Um noch mehr Menschenleben retten zu können, hat der Verein kürzlich ein zweites Schiff gekauft, den „Seefuchs“.

Ab 11. April 2017 startet der „Seefuchs“ ebenfalls in Richtung libysche Küste. Der Betrieb eines Schiffes koste pro Jahr 250.000 Euro, so Buschheuer. Umgerechnet auf die 5.568 Menschen, die im Jahr 2016  von der Sea-Eye gerettet wurden, sind das 45 Euro pro Überlebendem. Der Verein sei auch weiterhin auf Spenden angewiesen, so Buschheuer. Auch jede andere Form von Unterstützung ist willkommen, sagte Buschheuer an die Studierenden gerichtet. 

Michael Buschheuer
Michael Buschheuer berichtete Studierenden des Bachelors International Relations and Management an der OTH Regensburg von der Seenotrettung der Sea-Eye vor der libyschen Küste. Foto: OTH Regensburg