Schönheit wird messbar

Mit Medizininformatik die Ergebnisse plastischer Chirurgie messbar machen? Dieser Frage widmet sich die neue Forschungsgruppe "Digital Plastic Surgery" der OTH Regensburg und des Krankenhaus St. Josef.

„Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ – Diese altbekannte Weisheit könnte bald Geschichte sein. Zukünftig soll modernste Digitaltechnik die Ergebnisse plastischer Chirurgie messbar machen. Das hat sich die neu gegründete Forschungsgruppe "Digital Plastic Surgery" – eine Kooperation zwischen Caritas-Krankenhaus St. Josef und Ostbayerischer Technischer Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) – zum Ziel gesetzt. Beim Thema Wiederherstellung der Brust steht der Prototyp der Software bereits.

Messbare Ergebnisse bringen Qualitätsvorsprung

„Bislang messen wir – wie alle in der plastischen Chirurgie – das Operationsergebnis an der Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten und natürlich auch an unserer eigenen“, sagt Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl, Direktor der Klinik für Plastische- und Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Caritas-Krankenhaus St. Josef. Doch gerade, wenn es um die Zukunft von OP-Methoden geht, bedeuten messbare Ergebnisse einen Qualitätsvorsprung. 

„Deshalb haben wir einen starken Partner aus der Wissenschaft gesucht – und mit der OTH gefunden“, so der Chefarzt. Bereits seit zwei Jahren stehen er und sein Team im engen Austausch mit dem Bereich für Medizininformatik an der OTH Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Palm der Fakultät Informatik und Mathematik. Jetzt haben die beiden Partner ihre Zusammenarbeit intensiviert und die Forschungsgruppe "Digital Plastic Surgery" ins Leben gerufen.

Symmetrie als Maß der Dinge

Eines der frühen Projekte zeigt bereits vielversprechende Erfolge: Konkret geht es um messbare Ergebnisse bei der Rekonstruktion der Brust, zum Beispiel bei Krebspatientinnen oder bei Frauen mit angeborenen Fehlbildungen. „Untersuchungen zeigen, dass Symmetrie im Bereich der Schönheit eine wichtige Rolle spielt – das gilt auch für Brüste. Je symmetrischer sie rekonstruiert werden können, umso schöner werden sie statistisch gesehen wahrgenommen“, erklärt Prof. Dr. Dr. Prantl. „Und umso zufriedener sind aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Patientinnen.“

Hier kommen Prof. Dr. Palm und sein Team ins Spiel: Die Wissenschaftler haben eine unabhängige Software entwickelt, die es den Ärzt*innen ermöglicht, die optische Symmetrie der Brüste mithilfe dreidimensionaler Bildgebung beurteilen zu können. Dazu hat das Forschungsteam gemeinsam sieben Orientierungspunkte am Oberkörper definiert, die als Grundlage für die Berechnung dienen. Diese Punkte werden vom ärztlichen Fachpersonal ertastet und mit speziellen Klebepunkten markiert. 

Virtuelles 3-D-Modell bringt Orientierungspunkte direkt auf den PC

Anschließend wird mithilfe eines tragbaren Scanners ein virtuelles 3-D-Modell des Oberkörpers erstellt und die Orientierungspunkte direkt auf den Computer übertragen – eine Neuentwicklung des Teams um Prof. Dr. Palm. Denn bislang mussten die Orientierungspunkte zunächst am Körper der Patientin markiert werden und anschließend auch auf dem Bildschirm markiert werden – zusätzlicher Aufwand und anfälliger für Fehler.

„Aus diesen Orientierungspunkten haben wir einen Symmetrieindex errechnet. Nach der OP werden erneut 3-D-Aufnahmen angefertigt und die Punkte entsprechend vermessen. Zum ersten Mal ist es damit möglich, eine Aussage in Prozent zu treffen, wie symmetrisch das Ergebnis der plastischen Chirurgie ist“, erklärt Prof. Dr. Palm.

Ein Riesenfortschritt für bestmögliche Ergebnisse

„Das ist für uns ein Riesenfortschritt“, so Prof. Dr. Dr. Prantl. „Denn wir stehen beispielsweise immer wieder vor der Frage: Eigengewebsrekonstruktion oder Implantat? Mithilfe der neuen Technik und langfristig angelegten Studien wollen wir herausfinden, welche OP-Methode sich bei welcher Ausgangslage am besten eignet.“ Damit ließe sich wissenschaftlich belegen, welche Technik bei welchen Voraussetzungen das bestmögliche Ergebnis erzielt. Für solche Studien ist das Caritas-Krankenhaus St. Josef besonders geeignet. Als eines der größten Rekonstruktionszentren deutschlandweit lassen sich dort jährlich etwa 450 Patientinnen behandeln.

Eines wird aber trotz aller Messbarkeit laut Prof. Dr. Dr. Prantl bleiben und daran möchten er und sein Team auch nicht rütteln: „Ein Stück weit wird Schönheit natürlich auch weiterhin immer im Auge des Betrachters liegen.“ 

Schönheit messbar machen. Daran arbeitet die Forschungsgruppe "Digital Plastic Surgery", welche die OTH Regensburg und das Caritas-Krankenhaus St. Josef gemeinsam ins Leben gerufen haben. Von links: Prof. Dr. Christoph Palm  und Chefarzt Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl.
Schönheit messbar machen. Daran arbeitet die Forschungsgruppe "Digital Plastic Surgery", welche die OTH Regensburg und das Caritas-Krankenhaus St. Josef gemeinsam ins Leben gerufen haben. Von links: Prof. Dr. Christoph Palm und Chefarzt Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl. Foto: Caritas-Krankenhaus St. Josef/Katja Vogel