Regelmäßig weht durch die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) ein ganz typischer Geruch, den es eigentlich nur in der Nähe von Brauereien anzutreffen gilt. Siegfried Schrammel, Leiter der Werkstatt „Verfahrenstechnik Brauprozess“, von der Fakultät Maschinenbau bringt diesen würzigen Duft auf den Regensburger Campus. Studierende der OTH Regensburg haben dann die Möglichkeit, in die Kunst des Bierbrauens eingeweiht zu werden. Bevor es jedoch an die erste „Halbe“ geht, steht auch die verfahrenstechnische Theorie auf dem Lehrplan.
Das Bayerische Reinheitsgebot von 1516 schreibt fest, dass Bier aus Gerste, Hopfen und Wasser gebraut werden darf. Das Wasser, welches den größten Teil vom Bier einnimmt, floss dieses Mal jedoch nicht aus der Leitung und somit aus einem Brunnen oder einer Quelle. Naab, Regen und Donau lieferten die Grundlage des „Hopfenfluss³“ von der OTH Regensburg. Doch der unangenehme Gedanke an verschmutztes, braun-grünes Flusswasser muss nicht zu Ende gedacht werden. Es gibt eine Lösung.
Sauberes Wasser für Afrika
Seit bald drei Jahren setzen sich die Studierenden der OTH Regensburg, Nina Auer und Maximilian Dötterl, beide Gründer der Organisation Hydro Solution, für das Menschenrecht „sauberes Trinkwasser“ ein. Angeschlossen haben sich im Laufe der Zeit 18 weitere aktive Studierende aus den Bereichen Bauingenieurwesen, Wirtschaft, Sozialwissenschaften, Chemie und Biologie. Das Team setzt sogenannte Biosandfilter ein, die auf dem Prinzip der Langsamsandfiltration basieren und bereits seit über 200 Jahren in verschiedensten Bereichen der Wasserreinigung Einsatz finden. Schon in zwei afrikanischen Ländern, in Kenia und Burkina Faso, hat Hydro Solution erfolgreiche Projektstandorte aufgebaut.
Ausgangslage des Projekts rund um die Wasserfilter war die schwerwiegende Lage in ländlichen Gebieten Afrikas. Durch Typhus, Cholera oder Ruhr erkrankten zahlreiche Kinder schwer, konnten oft am Schulunterricht nicht teilnehmen oder verstarben mehrfach. Dieser Umstand berührte die zwei Studierenden. So kam es zur Umsetzung einer innovativen und nachhaltigen Idee für die Lösung des Trinkwasserproblems. Lediglich mit lokalen Ressourcen wird gearbeitet und möglichst günstig. Studien vor Ort zeigen auch den Fortschritt. „Der Krankheitsrückgang der sogenannten 'waterborne diseases' lag bei der ersten Schule, die mit Filtern ausgestattet wurde, bereits bei 80 Prozent“, sagt Nina Auer.
Noch nicht genug lernen die Mitglieder von Hydro Solution die Einheimischen an, sowohl Haushaltsfilter, als auch Großfilter selbst zu produzieren. Der Verein arbeitet nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ und legt höchsten Wert auf Nachhaltigkeit. Doch alleine Technikschulungen für nachhaltige Projekte reichen nicht aus. Betriebswirtschaftliche Schulungen und Workshops aus dem WASH-Bereich (Water, Sanitation and Hygiene) helfen ganzheitlich. Einheimische Partner sichern so ihren Lebensunterhalt und setzen das Projekt nachhaltig um. Die geringen Kosten von 40 Euro und eine Mindestlebensdauer von zehn Jahren machen den Filter einzigartig, umweltfreundlich und nachhaltig.
Fakultätsübergreifende Zusammenarbeit
Die Filter der gemeinnützigen Organisation Hydro Solution helfen nun auch beim Kooperationsprojekt „Wasser-Technologie trifft auf Brau-Technologie“. Die Biosandfilter reinigen Wasser effektiv, ohne Einsatz von Chemikalien oder Energie, und basieren auf einem naturschonenden, biotechnologischen Prinzip. Durch die fakultäts- und fachübergreifende Zusammenarbeit wird im Labor „Process Engineering“ das Flusswasser durch die Hydro Solution-Filter zunächst aufbereitet. In der Werkstatt „Verfahrenstechnik Brauprozess“ wird im Anschluss geschrotet, gemaischt, geläutert, gekocht, abgekühlt und als letzter Schritt die Hefe zugegeben. Am Ende des mehrwöchigen Gärprozesses erfolgt die Verkostung des „Hopfenfluss³“.Doch nicht nur Bier wird gebraut. Seit über zwei Jahren arbeitet der Verein mit den verschiedenen Lehrstühlen der OTH Regensburg zusammen und entwickelt stetig neue Konzepte, um die Filter zu optimieren und zu skalieren. Besonders erwähnt sei hier die erfolgswirksame Kooperation mit Prof. Dr. Gerhard Goldmann und Prof. Dr. Lars Krenkel (Lehrstuhl Maschinenbau), sowie Prof. Dr. Mathias Müller und Prof. Dr. Andreas Maurial (Fakultät Bauingenieurwesen).
Hydro Solution e.V.
Hydro Solution e.V. setzt sich seit 2017 für das Menschenrecht „sauberes Trinkwasser“ ein. Vor allem in ländlichen Regionen Kenias und Burkina Fasos agiert der Verein, wo ein Großteil der Menschen ihr Trinkwasser unbehandelt aus bakteriell verseuchten Flüssen bezieht. Bereits 4.000 Menschen können mit Hilfe von bereits über 150 Filtern täglich mit sauberem Trinkwasser versorgt werden. Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden Einheimische im Filterbau ausgebildet und sind in der Lage zur Existenzsicherung. Im vergangenem Jahr befand sich Hydro Solution bei den „Green Tec Awards“ unter den ersten drei Platzierungen in der Kategorie „Wasser und Abwasser“. In Kooperation mit dem start-up center erhielt der Verein die begehrte Auszeichnung „ausgewählter Ort im Land der Ideen“. Hierbei handelt es sich um eine Initiative der Bundesregierung und der deutschen Industrie, die jedes Jahr 100 Projekte mit „Leuchtturmcharakter“ auswählt.