An der 32. „International Conference on Architecture of Computing Systems“ (ARCS), die sich vom 20. bis 23. Mai 2019 in Kopenhagen komplexen Echtzeitsystemen widmete, nahmen acht Teilnehmerinnen beziehungsweise Teilnehmer des Software Engineering Laboratory for Safe and Secure Systems (LaS3) der Fakultät Elektro- und Informationstechnik der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg), geleitet von Prof. Dr. Jürgen Mottok, teil.
Die ARCS, die seit über 30 Jahren führend über neueste technologische Entwicklungen aus dem Bereich der Computerarchitektur und Betriebssysteme informiert, widmete sich 2019 komplexen Echtzeitsystemen sowie Fragen der funktionalen Sicherheit in Bezug auf Echtzeitsysteme. Damit ist die ARCS die geeignete Plattform, um die Erkenntnisse der Wissenschaftlerinnen beziehungsweise Wissenschaftler des LaS3 bekannt zu machen. Die Konferenz bot zudem den Rahmen für den vierten Workshop des 2018 beendeten Forschungsverbunds „Multi-Core Safe and Software-intensive Systems Improvement Community“ (FORMUS3IC), koordiniert vom LaS3.
Zwei Beiträge aus Regensburg dabei
In Kopenhagen trafen sich gut 100 Spezialistinnen und Spezialisten. Insgesamt 24 Beiträge wurden im Rahmen der Hauptkonferenz präsentiert. Zwei davon kamen aus Regensburg. Zusammen mit dem wissenschaftlichen Leiter des LaS3, Prof. Dr. Jürgen Mottok, erarbeiteten Lukas Osinski und Michael Schmid ihre Präsentationen. Im Rahmen des publikumsoffenen FORMUS3IC-Workshops stellten acht Wissenschaftlerinnen beziehungsweise Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse vor. Die meisten Beiträge behandelten kritische Probleme in den Bereichen Automotive. Der Vortrag von Sebastian Renner widmete sich den Herausforderungen von Verschlüsselung in Smart Grids.
Ressource Rechenzeit
Rechenzeit ist in Echtzeitsystemen immer noch eine knappe Ressource. Effiziente Datenverarbeitung wird außerdem immer wichtiger, je komplexer Systeme in kritischen Bereichen werden, etwa im autonomen Fahren oder beim Steuern eines Passagierflugzeugs. Um die erforderliche Leistung für komplexe Regelungsfunktionen einschätzen zu können, greifen die Forscher des LaS3 auf Prozessoren zu, die mehr als nur einen Rechenkern (Multicore) besitzen. Hier gilt es, generell neue Konzepte beispielsweise für das Scheduling, die Synchronisation und Fehlertoleranz zu entwickeln. Diese wurden auf der ARCS vorgestellt.
Rechenfehler machen nicht nur Menschen. Beispielsweise entstehen durch äußere Einflüsse, etwa kosmische Strahlung, gelegentlich sogenannte Bitflips, die Ergebnisse verfälschen. Diese Fehler zu erkennen und zu beheben, ist das Anliegen von Lukas Osinski und seinem Beitrag in der Hauptkonferenz. Er forscht an Lösungen, um Echtzeitanwendungen auf Multicore-Systemen fehlertolerant auszuführen. Auf der ARCS präsentierte er eine Lösung, die Software mit arithmetischer Kodierung absichert.
Eine Berechnung wird dabei in drei Prozesse repliziert (Forking). Die Ergebnisse der replizierten Prozesse werden anschließend durch den Voter verglichen und Fehler erkannt oder maskiert. Die Mehrheitsentscheide sind zudem repliziert und arithmetisch codiert, um zudem Fehler während des Mehrheitsentscheids erkennen und maskieren zu können. Zwischen den Votern findet ein Austausch statt. Diesen hat Kerstin Weiherer genauer unter die Lupe genommen. Christian Nagengast berichtete über den Stand der Technik im Bereich Daten- und Zeitsynchronisation von replizierten Prozessen.
Asynchron synchronisieren
Michael Schmid beschäftigte sich in seinem Hauptkonferenzbeitrag mit einer Methode, um in Multicore-Echtzeitsystemen in asynchroner Weise Daten zu synchronisieren. Er entwickelte das Konzept für einen „Server“, der Anfragen von Tasks auf ein Datum, etwa ein Array oder eine Matrix, bearbeitet und diese Antworten wieder zurück an die Tasks sendet. Im Workshop widmete er sich einem Ansatz, wie man in Echtzeitsystemen parallel programmiert, ein junges Forschungsfeld, das sich darum bemüht, Rechenzeit zu verkürzen.
Logik der Echtzeit
In der Echtzeitprogrammierung hat sich die Logical Execution Time (LET) seit 2000 als Paradigma etabliert. Dieses Modell dient dazu, möglichst flexibel Zeitscheiben für die ganz unterschiedlichen Tasks in einem System besonders zeitökonomisch organisierbar zu machen. Der Beitrag von Erjola Lalo adressierte die Problematik, die sich ergibt, wenn dieses Paradigma auf Multicore-Systeme übertragen wird. Forschungsfrage: Auf welchem Kern läuft wann welcher Prozess und wie lässt sich dies am besten kontrollieren?
Weitere Beiträge lieferten Sangita De und Ludwig Thomeczek von Continental. Workshop-Chairman Prof. Dr. Jürgen Mottok zieht ein positives Fazit: „Der offene Workshop zog eine ganze Reihe externer Forscher an, die sich an den Diskussionen beteiligten. Daran lässt sich erkennen, dass im LaS3 auf aktuellstem Niveau geleistet wird.“
Laboratory for Safe and Secure Systems (LaS3)
Das Laboratory for Safe and Secure Systems ist ein gemeinsames Kompetenzzentrum der Ostbayerischen Technischen Hochschule: ein Verbund zwischen den Ostbayerischen Technischen Hochschulen Amberg-Weiden und Regensburg. Prof. Dr. Jürgen Mottok zeichnet als wissenschaftlicher Leiter verantwortlich. Das LaS3 wurde 2005 gegründet und wurde initial durch die Projektförderung „FHprofUnt“ der Bundesrepublik Deutschland sowie durch das Programm „Strukturimpuls“ des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterstützt. Das LaS3 sieht sich als Mediator zwischen Wissenschaft und Anwendung: Ziel ist die Verzahnung von anwendungsorientierter Forschung im Bereich der Softwareentwicklung mit den Anforderungen sowohl mittelständischer Unternehmen als auch der Industrie im ostbayerischen Wirtschaftsraum.