Wenn Helmut Lippert ehemalige Studienkollegen trifft, die jetzt bei Continental oder BMW als Ingenieure arbeiten, blitzt ganz kurz ein Gedanke auf: „Die haben eine 36-Stunden-Woche und ein gutes Gehalt; und ich arbeite im Verhältnis dazu immer noch sozusagen für lau.“ Aber diesen Gedanken legt er ganz schnell beiseite, denn mit seiner eigenen, im vergangenen Jahr gegründeten Firma HL Engineering, ist der 35-Jährige, der im Jahr 2010 sein Maschinenbaustudium an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) mit dem Diplom abgeschlossen hat, auf einem guten Weg: Bereits im Frühjahr will er in seinem CAD-Büro im Regensburger Westen einen Zeichner fest in Vollzeit anstellen. In drei Jahren will Helmut Lippert beim Zehn-Mann-Betrieb angekommen sein.
Dass er sich nach einer Lehre zum Werkzeugmacher, anschließender BOS, dem Studium und fünf Jahren Arbeit als Angestellter in der Automotivbranche sowie einer Weiterbildung zum Technischen Betriebswirt dazu entschlossen hat, sein eigener Chef zu werden, hat einen guten Grund: Die Erfahrung hat ihm gezeigt, dass bei sehr vielen Betrieben Optimierungsbedarf besteht, vor allem im Hinblick auf die Erfordernisse der Industrie 4.0. „Mein Ziel ist es, in den Werkhallen dafür zu sorgen, dass Schnittstellen sauber miteinander verbunden werden, Ressourcen nicht verschwendet werden, Wartezeit verkürzt und Probleme, speziell bei der Planung größerer Anlagen, bereits im Vorfeld erkannt werden können.“
Mithilfe eines Scan-Systems und CAD-Planung kann HL Engineering eine digitale, dreidimensionale Bestandsaufnahme von Produktionswerkstätten bieten. Anhand dieser Aufnahme kann dann die virtuelle Fabrikplanung beginnen: Wo sind die kürzesten Wege für die Betriebsabläufe, welche Maschinen müssen wo aufgestellt oder wohin umgestellt werden, welche verfügbaren Flächen für neue Maschinen freigeräumt werden müssen – Lösungen auf solche Fragen kann Helmut Lippert dem Kunden zukünftig direkt per Film präsentieren. „Junge Geschäftsführer und innovative Unternehmen können etwas damit anfangen“, sagt Helmut Lippert. Viele andere Betriebe seien allerdings noch zurückhaltend was den Einzug modernster Technologien in die Werkhallen betreffe.
Das start-up center steht beratend zur Seite
Für die Anschaffung entsprechender Hard- und Software musste Helmut Lippert fünf- bis sechsstellige Investitionen tätigen. Hier als Gründer an eine Finanzierung zu kommen, war nicht einfach. Doch dabei stand ihm das start-up center der OTH Regensburg beratend zur Seite: Helmut Lippert erfuhr, welche Förderprogramme in seinem Fall in Frage kämen und auch sein Businessplan wurde nochmals gecheckt. „Für den Start braucht man das start-up center, weil es extrem schwierig ist, als Gründer von der Bank so viel Geld zu bekommen.“
Die vom start-up center angebotenen Veranstaltungen wie den Stammtisch nutzt Helmut Lippert sehr gerne, um sein Netzwerk zu erweitern. Die reine CAD-Konstruktion will er schon bald an einen angestellten Mitarbeiter abgeben, um dann selbst mehr Zeit fürs Projektmanagement zu haben. „Momentan ist noch keine Arbeitsteilung möglich“, sagt Helmut Lippert. Doch das Auftragsbuch ist voll: „Der Markt ist derzeit sehr gut“, sagt Helmut Lippert. Diese Tatsache und seine Kontakte aus der Zeit seiner vorangegangenen Tätigkeiten als Angestellter und nicht zuletzt die Unterstützung durch die Gründungsberater des start-up centers der OTH Regensburg sieht Helmut Lippert als sehr große Vorteile. Wenn HL Engineering dann erst ins Marketing einsteigt, könnte das kleine Büro in Prüfening bald nicht mehr ausreichen.
start-up center der OTH Regensburg
Die OTH Regensburg unterstützt Studierende, Alumni, wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aller Fakultäten in ihren Gründungsvorhaben. Zum Angebot gehören neben der Ausbildung die Beratung und Begleitung von Gründungsinteressierten, ihre Einbindung in Netzwerke und die Beantragung von Fördermitteln. Unternehmen wie die iNTENCE automotive electronics GmbH mit mittlerweile über 50 Mitarbeitern, die Timing Architects Embedded Systems GmbH mit rund 40 Mitarbeitern und viele andere Ausgründungen konnten bei ihrer erfolgreichen Etablierung am Markt begleitet werden. Im Jahr 2010 wurden diese Aufgaben im start-up center zusammengeführt und konnten seitdem gerade im Bereich Information und Sensibilisierung, unter anderem durch Veranstaltungen wie den Hochschulgründertag oder eine jährliche Vortragsreihe, und das Technologie-Scouting intensiviert werden.