LEAN-Management: Aus der Praxis in die Lehre

Rüst- und Reinigungszeit deutlich optimiert: SMED-Methode bei den Amberger Kaolinwerken als „besonders anschauliches Beispiel“ in Vorlesungen von Prof. Dr. Birgit Rösel.

Prof. Dr. Birgit Rösel, Professorin an der Fakultät Elektro- und Informationstechnik der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg), ist bereits mehrfach für innovative Lehre ausgezeichnet worden, unter anderem 2018 mit dem Preis für herausragende Lehre des bayerischen Wissenschaftsministeriums. „Nähe zur Praxis: Die Relevanz der in der Lehre behandelten Themen ist mir besonders wichtig“, sagt Prof. Rösel.

Aktueller Beleg dafür ist die Rüstzeitoptimierung an der Absackanlage für BigBags im Werk Schnaittenbach der Amberger Kaolinwerke. Darüber war in einer Gesprächsrunde der LEAN-Initiative Ostbayern diskutiert worden, einer Gruppe engagierter Firmenvertreter*innen und Lehrender, die sich dem Thema "LEAN-Management" verbunden fühlen. Die Rüstzeitoptimierung in Schnaittenbach ist laut Prof. Dr. Rösel „ein besonders anschauliches Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von  Methoden des Lean-Managements in unserer Region“. Und damit prädestiniert dafür, nicht nur in Gesprächsrunden, sondern eben auch in der Lehre behandelt zu werden.

Unterstützung in diesem Vorhaben fand Rösel bei Andreas Götzer, Prozessbegleiter Gruppenarbeit der Amberger Kaolinwerke Eduard Kick GmbH & Co. KG. Die Offenheit ist keineswegs selbstverständlich, denn am Anfang stand ein Problem: Ein Kunde hatte durch Quarzkörner verunreinigte Quarzmehlprodukte in BigBags reklamiert. Und die Fachleute in Schnaittenbach wissen selbst am besten, dass die Reinheit von Quarzprodukten von entscheidender Bedeutung für die industrielle Nutzung ist.

Deutliche Reduzierung der Reinigungszeit

Auf der Absackanlage werden gröbere Produkte aber auch die deutlich feineren Quarzmehle in BigBags abgesackt, also in große Säcke abgefüllt. Beim Produktwechsel von Quarzsand auf Quarzmehl dauerte es bislang bis zu drei Stunden, die Anlage rückstandsfrei zu reinigen. Viel zu lange und mit den folgenden Negativeffekten: Zum einen wirkte sich der lange Reinigungsvorgang negativ auf die Produktionsleistung aus, zum anderen sorgte dessen Handling für Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern. Konsequenterweise setzte man sich das Ziel: Die künftige Reinigung auf maximal 20 Prozent der bisherigen Rüstzeit zu optimieren. Und dieses Ziel haben die Amberger Kaolinwerke im Werk Schnaittenbach erfolgreich erreicht – eben mit Methoden des LEAN-Managements:

Plan, do, check, act (PDCA). Auf Deutsch: Planen, tun, überprüfen, umsetzen. „Der PDCA–Zyklus ist eine Methode zum nachhaltigen Lösen von Problemen und Verbessern von bestehenden Standards“, erklärt Andreas Götzer. In Schnaittenbach kam sie in Verbindung mit der SMED-Methode zum Einsatz. SMED steht für "Single Minute Exchange of Die“ (engl. "Die" steht für Gesenk, Werkzeug) und beschreibt ein Verfahren zur Senkung von Rüstzeiten.

Genauer Blick auf die Details

Konkret wurde die Konstruktion der Absackanlage optimiert, um jene Details zu beseitigen, die bislang schnelleres Reinigen und Umrüsten blockiert und auch für die reklamierten Verunreinigungen gesorgt hatten. So wurden unter anderem aus gerillten Schläuchen glatte, die einfach ausgesaugt werden können, es wurde die werkzeuglose Demontage und Reinigung von Übergangsstücken ermöglicht. Schlauchschellen, die sich nur mit Werkzeug lösen ließen, wurden ersetzt durch Schnellverschlüsse, die sich werkzeuglos öffnen lassen. Zwei Revisionsdeckel, die mit einmal zwölf und einmal 17 Schrauben fixiert waren, wurden entfernt. Stattdessen gibt es nun Deckel mit nur noch vier Klemmschrauben bzw. vier Schraubverbindungen. Verbesserungen auch für die Mitarbeitenden: Für die Reinigungsarbeiten notwendiges Werkzeug mussten sie bislang erst aus dem Instandhaltungsbereich holen. Jetzt ist es direkt vor Ort an der Anlage hinterlegt.

Studierende lernen anhand konkreter Beispiele

Diese vielen vermeintlich kleinen optimierten Details führten letztlich dazu, dass die Reinigungszeit von bislang bis zu drei Stunden auf 30 Minuten reduziert werden konnte. Eine Dokumentation der Amberger Kaolinwerke dieser erfolgreichen Anwendung von Methoden des LEAN-Managements mit Vorher-nachher-Vergleich nutzt Prof. Dr. Rösel künftig in der Lehre. „Die Offenheit von Herrn Götzer hat mich besonders gefreut. Es ist nicht selbstverständlich, über Herausforderungen die Qualität betreffend zu sprechen. Überzeugend war für mich die stringente Umsetzung der PDCA-Methode und des SMED-Prinzips. Dadurch kann ich beides den Studierenden an einem konkreten Beispiel vermitteln.“

Werkleiter Dipl-Ing. (FH) Bernhard Neudecker zur Zusammenarbeit mit der OTH Regensburg: „Es freut mich, dass unser Unternehmen vom Hochschulwissen partizipiert in Form des gemeinsamen Netzwerkes der LEAN-Initiative Ostbayern, dem u.a. Herr Götzer und Frau Prof. Dr. Rösel angehören. Daher geben wir gerne praktische Umsetzungserfahrung zurück an die junge Generation – und vielleicht an unseren zukünftigen Nachwuchs im Unternehmen.“

Werk Schnaittenbach der Amberger Kaolinwerke. Foto: © Amberger Kaolinwerke, Hirschau
Werk Schnaittenbach der Amberger Kaolinwerke. Foto: Amberger Kaolinwerke, Hirschau