Was kennzeichnet agile Projektarbeit? Wie unterscheidet sich agile von traditioneller Projektarbeit? Kann ich mit iterativem Arbeiten die Leistung verbessern? Wie laufen agile Projekte ab? Wie sieht ein Berateralltag aus? Was zeichnet die Tiba Managementberatung aus? – Fragen wie diese waren Thema eines Vortrags, zu dem die Fakultät Betriebswirtschaft der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) die Beraterinnen Susanne Thoms und Susanne Purwins von der Tiba Managementberatung GmbH in München eingeladen hatte.
Agiles Projektmanagement gewinnt zunehmend an Bedeutung
Am 19. November 2018 vermittelten die beiden Referentinnen Susanne Thoms und Susanne Purwins, wie agiles Projektmanagement funktioniert, wie typische Projekte ablaufen und wie das Leben von Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberatern aussieht. Der interaktive Gastvortrag war in die Projekt-Controlling-Vorlesung im Studiengang Bachelor Betriebswirtschaft von Prof. Dr. Sabine Jaritz eingebettet.
Genau diesen Kurs im Schwerpunkt Projektmanagement besuchte Susanne Purwins vor zwei Jahren. Um der zunehmenden Bedeutung von agilem Projektmanagement in der Praxis gerecht zu werden, behandelt diese Vorlesung neben traditionellem Projektmanagement auch intensiv die agile Methode Scrum. Seit dem letzten Jahr haben Studierende die Möglichkeit – was übrigens in Deutschland derzeit einzigartig ist –, im Rahmen der Vorlesung das „Professional Scrum Master Zertifikat“ zu erwerben.
Susanne Thoms, die seit mehr als drei Jahren im agilen Projektmanagement als Mitglied eines Scrum-Teams beziehungsweise Beraterin, Trainerin und Coach aktiv ist, bestätigte, dass Absolventinnen und Absolventen mit Schwerpunkt Projektmanagement und einem Scrum-Master-Zertifikat hervorragende Voraussetzungen für eine Karriere in der Beratung mitbringen. Gerade im agilen Bereich besteht großer Bedarf.
Kernbotschaft: Zuerst Mindset überdenken, bevor man Scrum einführt
Statt mit einer klassischen Powerpoint-Agenda starteten die beiden Referentinnen ganz agil: mit einem Taskboard, auf dem die einzelnen Agendapunkte aufgeführt waren. Gleich zu Beginn wurden die Studierenden gefragt, was sie mit Scrum assoziierten. Das Ergebnis, durch das verwendete Online-Tool hervorragend als Wortwolke dargestellt, war laut Thoms deutlich differenzierter und fundierter als dies bei ähnlichen Umfragen im Unternehmensumfeld der Fall ist. Was es letztlich braucht, um agil in Projekten zu arbeiten, wurde anhand der sieben Prinzipien der „Agilisierung“ von Tiba erläutert.
Die Freiwilligkeit und intrinsische Motivation, agil zu arbeiten, ist hier ein zentrales Prinzip. Auf Basis ihrer agilen Projekterfahrung betonte Susanne Thoms, dass der richtige Mindset Voraussetzung sei, um Scrum einzuführen. Wenn Mitarbeitende noch in einer traditionellen Projektmanagement-Welt lebten, hätte ein agiler Ansatz auch nicht die gewünschte Wirkung.
Die beteiligten Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeiter müssen – mithilfe von Trainings – mit der agilen Arbeitsweise vertraut gemacht werden. Nur so können sie auch den Mehrwert erkennen und ihre eigene Arbeitsweise entsprechend anpassen.
Projektmanagementmethode von Ausgangslage abhängig
Auf Basis der bereits in der Vorlesung „Projekt-Controlling“ kennengelernten Stacey-Matrix wurde den Studierenden erläutert, wie diese in der Unternehmenspraxis hilft, die für die jeweilige Situation passende Projektmanagementmethode auszuwählen. In der Praxis sei es durchaus üblich, zuerst etwa mit einem kreativitätsförderndem Design-Thinking-Workshop zu beginnen, dann mithilfe von Scrum zu arbeiten und wenn die Anforderungen klar definiert sind, Elemente des traditionellen Projektmanagements anzuwenden.
Für die Studierenden bedeutet dies, dass sie Methodenkompetenzen in verschiedenen Bereichen erwerben. Sie müssen sicher nicht Expertin oder Experte in allen Methoden sein, aber die Vor- und Nachteile und mögliche Einsatzgebiete kennen.
Agilität mit „Ballpoint Game“ spielerisch erfahren
Ein Highlight des Vormittags war für alle Studierenden das „Ballpoint Game“. Mit diesem Spiel wird der Ablauf von agilen Organisationsprozessen erlebbar gemacht. Die Studierenden haben in zwei Teams einen agilen Prozess in mehreren Iterationen, also Durchgängen, simuliert und dabei die Scrum-Events Sprint Planning und Sprint Retrospektive aktiv erlebt.
Nach fünf Iterationen konnte ein Team seine Produktivität verachtfachen. Diese Entwicklung zeigt deutlich auf, welchen Mehrwert agile Verfahren bieten können. Nach diesem kurzweiligen und wirkungsvollen Spiel stellten die beiden Referentinnen verschiedene Praxisbeispiele vor und gingen auf „Scrum-Mythen“ ein. Aus Dozentensicht war es erfreulich, dass die Studierenden nicht den Mythen aufsaßen und ein sehr gutes Verständnis über diese agile Art des Projektmanagements besitzen.
Einblick in den beruflichen Alltag der Unternehmensberatung
Da die Hälfte der Projektmanagement-Studierenden sich vorstellen kann, später in einer Unternehmensberatung zu arbeiten, waren die Einblicke, die Purwins und Thoms in den Berateralltag gaben, sehr wertvoll. Es ging hier um die Interaktion mit den Kundinnen und Kunden, aber auch um eine typische Beraterwoche mit dem Freitag als Home-Office-Tag.
Nicht minder interessant waren die Informationen über die inhabergeführte Tiba Managementberatung, die ihren Sitz in München hat und mittlerweile über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Beratung verfolgt einen ganzheitlichen und systemischen Ansatz und legt großen Wert darauf, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Unternehmerisch vielfältige und branchenübergreifende Tätigkeiten und eine wertschätzende Zusammenarbeit sind selbstverständlich. Genau das haben die beiden Referentinnen auch verkörpert.
Studium mit starkem Praxisbezug
Der Vortrag mündete in eine Frage- und Antwortrunde. Die zahlreichen, auch sehr spezifischen Fragen spiegelten das große Interesse der Studierenden wider. Prof. Dr. Sabine Jaritz bedankte sich auch im Namen der Studierenden herzlich bei den beiden Referentinnen. Durch den Gastvortrag konnten die Studierenden nicht nur viel über agiles Arbeiten lernen, sondern auch erfahren, wie der Alltag einer Unternehmensberaterin oder eines Unternehmensberaters aussehen kann. Gerade der starke Praxisbezug nimmt eine sehr wichtige Rolle in der Lehre ein.