Worauf müssen Frauen bei der finanziellen Lebensplanung achten und warum ist sie so wichtig? Diese und andere Fragen beantwortete Helma Sick bei einem Vortragsabend im Rahmen des Netzwerks RegensburgEXZELLENZ am 7. November 2019 an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) den rund 120 Gästen.
Auf Initiative von Soroptimist International Club Regensburg empfingen die Frauenbeauftragten der OTH Regensburg, Prof. Dr. Christine Süß-Gebhard, und der Universität Regensburg, Prof. Dr. Ursula Regener, die Finanzexpertin, Autorin und Brigitte-Kolumnistin, die sich seit über 30 Jahren für die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen engagiert. „Früher war die Ehe ein Deal“, stieg sie in ihren Vortrag ein und wies darauf hin, dass Frauen zwar heutzutage besser ausgebildet seien als früher und alles werden könnten – Managerin, Nobelpreisträgerin und sogar Bundeskanzlerin –, sich aber trotzdem viele gegen eine berufliche Tätigkeit entschieden. Studien zeigten zwar, dass Frauen finanziell unabhängig sein wollten, zwischen Anspruch und Realität jedoch eine große Lücke klaffe: „Die Arbeitswelt wird als rau und ungemütlich empfunden, aber das private Umfeld kann genauso rau und ungemütlich werden, wenn der Partner arbeitslos wird oder die Beziehung nicht mehr funktioniert“, sagte Sick. Es ließe sich eine Rückentwicklung beobachten und selbst emanzipierte junge Paare neigten zur ‚Retraditionalisierung‘ der Rollenbilder, sobald das erste Kind da sei.
„Warum empfinden viele Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nur als Belastung und nicht als Chance?“, fragte Sick. „Einen Beruf zu haben, bedeutet gesellschaftliche Teilhabe“, fuhr sie fort und wies darauf hin, dass natürlich jeder seinen eigenen Lebensentwurf gestalten, sich jedoch möglicher Konsequenzen bewusst sein sollte. „Es spricht nichts gegen Elternzeit, aber warum können nicht beide Teilzeit arbeiten und sich die Elternzeit teilen?“ Die Tatsache, dass Frauen im Schnitt nur die Hälfte der Rente eines Mannes beziehen und somit öfter von Altersarmut betroffen sind, sei kein Naturgesetz, sondern das jahrzehntelange Zusammenwirken von diskriminierenden Faktoren, erklärte Sick. Dazu zählten zum einen, dass typische Frauenberufe schlecht bezahlt würden, aber auch, dass das Ehegattensplitting als falscher Anreiz wirke und dazu führe, dass Frauen oft diejenigen seien, die einen Minijob oder eine Teilzeitstelle antreten würden: „Ein 450€-Minijob bedeutet später eine Rente von 70€ im Monat“. Deutschland läge im europäischen Vergleich 40 Jahre zurück, wenn es um eine moderne Familienpolitik ginge. In den Köpfen der Menschen existierte noch immer die Vorstellung, dass die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen Aufgabe der Frauen sei. Abgesehen von den persönlichen Risiken zahle die gesamte Gesellschaft, wenn Frauen mit einem abgeschlossenen Studium nicht arbeiten. „Keiner hat etwas von einer promovierten Hausfrau“, machte Sick deutlich und betonte, dass selbst Akademikerinnen oft Risiken eingingen, die Männer nicht eingehen würden.
„Lieber jetzt unromantisch, als später arm!“, appellierte Sick an alle jungen Frauen sich frühzeitig mit der Altersversorgung zu beschäftigen, in der Partnerschaft eine gemeinsame Lösung zu verhandeln und diese in einem Ehe- oder Partnerschaftsvertrag festzuhalten. Frauen müssten sich für ihre Rechte einsetzen und die Konsequenzen ihres Handelns kennen. „Ich möchte dazu beitragen, dass ein anderes Bewusstsein entsteht und nicht die Frauen am Schluss leiden“, endete Sick.
RegensburgEXZELLENZ
RegensburgEXZELLENZ ist ein hochschul- und fakultätsübergreifendes Netzwerk herausragender Studentinnen der OTH Regensburg und der Universität Regensburg. In Zusammenarbeit mit der Frauenbeauftragten der OTH Regensburg und der Universität Regensburg, wird das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Nina Leffers durchgeführt, um Frauen auf leitende Positionen in Wirtschaft, Wissenschaft und anderen beruflichen Feldern vorzubereiten.
Weitere Informationen zu RegensburgEXZELLENZ unter: https://www.oth-regensburg.de/studium/service-und-beratung/gender-und-diversity/frauenbeauftragte/regensburgexzellenz.html
Soroptimist International
Soroptimist International ist eine internationale Nichtregierungsorganisation mit Konsultativstatus bei den Vereinten Nationen. Mit rund 74.000 Mitgliedern und ca. 3.000 Clubs in 132 Ländern ist das Ziel des Netzwerks das Leben von Frauen und Mädchen durch Bewusstmachen, Bekennen und Bewegen zum Positiven zu verändern und sich für ihre Rechte einzusetzen. Die Regensburger Soroptimistinnen unterstützen Projekte für Frauen, Mädchen und Familien in den Bereichen Bildung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und zukunftsfähige Berufschancen sowie die Verhinderung jeglicher Form von Gewalt.
Weitere Informationen zu Soroptimist International Club Regensburg unter: https://clubregensburg.soroptimist.de/home/