Unternehmensplanspiele stellen eine hervorragende didaktische Methode dar, Studierende spielerisch mit Entscheidungssituationen vertraut zu machen, die ihnen später auch in der Unternehmenspraxis begegnen. Im Cloud-basierten Planspiel "Production and Services" der Firma TOPSIM, bei dem im Sommersemester 2021 mehr als 200 Bachelorstudierende der Betriebswirtschaft an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) teilnahmen, wird die Herstellung und der Verkauf von Aufzügen und Service-Verträgen simuliert. Neben Entscheidungen zu Produktionskapazitäten und Verkaufspreisen spielt die Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht eine wichtige Rolle. Investitionen in den Umweltschutz beeinflussen den Aktienkurs des eigenen Unternehmens ebenso positiv wie eine verbesserte Rendite oder die Erfüllung sozialer Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Aber so genau lassen sich die Effekte nicht im Vorhinein berechnen. Ganz wie im richtigen Leben?
Die Sicht der Unternehmenspraxis vermittelten Eduard B. Wagner, Geschäftsführer der INSYS Microelectronics GmbH, und Thorsten Grantner, Geschäftsführer der OmniCert Umweltgutachter GmbH, im Rahmen eines virtuellen Gastvortrags.
Unternehmen müssen aktiv werden
Eduard B. Wagner hat im letzten Jahr die Unternehmerinitiative OHA! Ostbayern handelt! gegründet. Ziel dieses Netzwerkes ist, einen Standortvorteil als „anerkannt nachhaltige Region“ auszuprägen. Bis spätestens 2023 sollte jedes Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck kennen. Bis 2025 müssen individuelle betriebliche Maßnahmen zu dessen Reduzierung auf Hochtouren laufen. Und 2030 muss Ostbayern gehandelt haben und als vorbildliche Klimaregion anerkannt sein. „Umweltschutz ist eine Investition und gleichzeitig eine eigene Form der Rendite, die nicht wertvoll genug einzuschätzen ist“, so der Gründer der Initiative.
Thorsten Grantner ist Gründer und Geschäftsführer der OmniCert Umweltgutachter GmbH sowie stellvertretender Vorsitzender des Umweltgutachterausschuss am Bundesumweltministerium. Betriebe entdecken seiner Erfahrung nach derzeit das Thema "Nachhaltigkeit" und finanzieren zum Beispiel Klimaschutzprojekte, die irgendwo auf der Welt CO2 einsparen helfen. Damit sollen eigene Emissionen kompensiert werden. Das ist grundsätzlich nicht falsch, greift aber zu kurz. „Klimaschutz ist ein Teilaspekt der Nachhaltigkeit, und die beginnt beim Geschäftsmodell. Nachhaltigkeit muss also beim Geldverdienen helfen und nicht nur Kompensation oder Marketing sein“, so Grantner. Sie ist bei ernsthaft nachhaltig agierenden Firmen elementarer Bestandteil des Managementsystems und wird als gemeinsames Ziel begriffen, an dem sich alle Mitarbeitenden und externe Interessensgruppen wie Kund*innen und Lieferant*innen beteiligen.
Messbarkeit von Nachhaltigkeitszielen
Ziele müssen messbar sein, und genau da liegt oft das praktische Problem für die Unternehmen. Durch Analysen werden die Nachhaltigkeitsfaktoren nach Beeinflussbarkeit und Relevanz methodisch für das jeweilige Unternehmen identifiziert und priorisiert. Dabei unterstützen digitale Tools wie das B Impact Assessment. So wird zum Beispiel ermittelt, ob der tägliche Arbeitsweg der Mitarbeitenden (inkl. Verkehrsmittel, Homeoffice) eine hohe Relevanz für die CO2-Bilanz des Unternehmens hat, oder ob der vorgelagerte CO2-Fußabdruck der Rohprodukte deutlich relevanter ist. Für die relevanten Faktoren werden dann strategische Ziele, operative Ziele und Maßnahmen definiert und über deren Fortschritt berichtet. Die Öffentlichkeit wird über einen Nachhaltigkeitsbericht transparent informiert. Die Prüfung dieser Berichte sollte unabhängig und fachkundig erfolgen. Dies ist z. B. beim Premium-System für Nachhaltigkeitsmanagement der EU – EMAS – gewährleistet.
Zum Abschluss gaben beide Referenten den Studierenden den heißen Tipp, bei Vorstellungsgesprächen die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells zu hinterfragen. Nur wer hier authentisch nicht nur Worte sondern auch Taten vorzuweisen hat, ist zukünftig als Arbeitgeber*in attraktiv für die begehrten Nachwuchskräfte.