Der Auslandsaufenthalt – Karrierebaustein oder Stolperstein?

Der 8. Regensburger Gesprächskreis Interkulturelles Management traf sich vor Kurzem an der Hochschule Regensburg (HS.R) mit Fachvorträgen und Diskussionen zum Thema "Karrierebaustein Auslandsaufenthalt?" – auf den Spuren von Julius Caesar, Christoph Columbus und Marco Polo.

Die Welt rückt immer näher zusammen – dies zeigt sich auch zunehmend im Arbeitsleben. Eine Arbeitsphase im Ausland gilt heute nicht nur für Manager als wichtiger Karrierebaustein. Insbesondere weltweit agierende Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb bestehen müssen, suchen Mitarbeiter, die sich geschickt auf internationalem Parkett bewegen können. 

Unternehmen entwickeln ihre Nachwuchsführungskräfte daher oft in gezielten Programmen, die voraussetzen, dass Führungskräfte (und deren Familien) bereit sind, zumindest zeitweilig Projekte im Ausland zu betreuen. Arbeitgeber haben allerdings die große Verantwortung, die Rückkehr der sogenannten "Expatriates" sorgfältig vorzubereiten – andernfalls kann sich der Auslandseinsatz sogar als Stolperstein für deren Karriere erweisen.

Zwei Referentinnen und eine Referentin beleuchteten diese Problematik im Rahmen des 8. Regensburger Gesprächskreises Interkulturelles Management am Mittwoch, den 16. April 2013, aus vier Perspektiven. Eine Perspektive zu viel? Keineswegs! Andreas Hauser, Projektmanager bei  von ti communication, berichtete über seine Erfahrungen als Berater und Trainer. Prof. Dr. Thomas Groll, der an der HS.R internationales Management lehrt, beleuchtete das Thema aus wissenschaftlicher Sicht. Katharina Rath, Leiterin der Personalentwicklung der Division Interior bei der Continental AG, steuerte gleich zwei Blickwinkel bei: Den der Personalentwicklerin und den einer sogenannten "Expat",  einer im Auftrag der Firma im Ausland tätigen Person, die selbst drei Jahre in Shanghai gearbeitet hat.

"Ein Auslandsaufenthalt im Berufsleben kann ein Karrierebaustein sein, ist dies aber nicht notwendigerweise. Es handelt sich hier um einen sehr komplexen Prozess!" resümierte Andreas Hauser. Laut Hauser endete der Entsendeprozess auf Unternehmensseite leider meist im Moment der Entsendung, die Betreuung der Entsandten gehe über eine kurze Vorbereitungsphase oft nicht hinaus. Dabei sei gerade die Rücksendung oft problematisch. Die Rückkehrer landeten häufiger als erwartet in der sogenannten "Expat-Falle": Der/die Entsandte komme aus dem Ausland zurück, sei überqualifiziert für seine/ihre alte Arbeitsstelle und könne sich im Unternehmen nicht mehr eingliedern.

"Intercultural Cycle" und "Wiedereingliederung"

Der idealtypische "Intercultural Cycle", der den Expatriate in vielen Schritten von Anfang an bis zur erfolgreichen Reintegration betreut, sei in der Realität selten zu finden. Dennoch sei das Thema "Wiedereingliederung" in den entsendenden Unternehmen mittlerweile als Kernaufgabe angekommen, so Hauser.

"Was haben Julius Caesar, Christoph Columbus, Marco Polo und Mesut Özil gemeinsam?",  fragte Prof. Dr. Thomas Groll. "Sie alle waren und sind 'Expats'". Die Motive für einen Auslandsaufenthalt sind laut Groll einfach zu umreißen: Die Expats möchten (mehr) Geld verdienen, sich weiterbilden, eine neue Kultur und eine neue Sprache kennenlernen, eine Herausforderung meistern oder Verantwortung übernehmen.

Entsendungen seien einmal mehr, einmal weniger erfolgreich. Die Gründe für das "Scheitern" von Expatriates seien dabei regional sehr unterschiedlich: In den USA stünden Anpassungsprobleme der Familie und des/der Entsendeten an vorderster Stelle. Ein weiteres Problem sei die fehlende Reife sowie der Umgang mit großer Verantwortung. Manager/innen würden zum Teil sehr jung ins Ausland entsendet und übernähmen dort Führungspositionen, ohne richtig darauf vorbereitet worden zu sein.

In Japan seien die Schwierigkeiten dagegen anders gelagert: Den japanischen Kolleg/innen falle es oft schwer, im Ausland Verantwortung zu tragen. Die Probleme der Ehepartner/innen würden erst an letzter Stelle genannt. Europäische Expats führen Probleme der Ehepartner/innen mit Abstand als häufigsten Grund für das Scheitern oder den Abbruch einer Entsendung an. 

"Karrierebaustein Auslandsaufenthalt" 

Katharina Rath berichtete zunächst über ihre eigene Expat-Erfahrung: "Als Expat für Siemens VDO Automotive in Shanghai erlebte ich viele Höhen und Tiefen. Viel schwieriger als die Entsendung erwies sich allerdings unerwarteter Weise die Rückkehr nach Deutschland", denn als Rath zurückkehrte, war Siemens VDO Automotive an die Continental AG verkauft und weder ihre Abteilung noch ihr Chef waren dieselben.

Raths Team in Shanghai war multinational. Während der Arbeit wurde kein chinesisch gesprochen, sondern vielmehr ein durch Mitarbeiter verschiedener Nationalitäten geprägtes Englisch. Eine große Herausforderung für Rath war, dass Begrifflichkeiten nicht auf dieselbe Art und Weise interpretiert wurden – jede Nation verstünde etwas anderes unter "Qualität" oder "Termintreue".

Aus der Sicht der Personalentwicklerin erläuterte Rath, warum hinter "Karrierebaustein Auslandsaufenthalt" zwingend ein Ausrufezeichen gehöre! Bei Continental sei der Auslandsaufenthalt für Führungskräfte ein Muss, mindestens zwei Jahre Führungserfahrung im Ausland seien vorgeschrieben. Bei Continental würden die Mitarbeiter bereits in jungen Jahren entsandt, da sich der Auslandsaufenthalt mit Familie in der Regel komplexer gestalte. 

Die größte Herausforderung für Unternehmen ist laut Rath die Wiedereingliederung der Rückkehrer in den Unternehmensalltag. Diese würde vom Unternehmen und von den Entsendeten oft unterschätzt, die Schaffung einer adäquaten Position gestalte sich häufig schwierig, die Betreuung der Familie würde vernachlässigt. Ziel müsse es sein, den/die hoch qualifizierte/n Expat im Unternehmen zu halten.

In der sich an die Fachvorträge anschließenden Diskussion konnten die Teilnehmer aus der Veranstaltung, die gemeinsam unter der Leitung von Prof. Dr. Sandra Hamella, Vizepräsidentin der HS.R, und Gerhard Hain, Managing Partner ti communication, stand, weitere zahlreiche interessante Eindrücke und Erkenntnisse mit nach Hause nehmen.

8. Regensburger Gesprächskreis Interkulturelles Management.
Andreas Hauser, Projektmanager bei ti communication berichtet über seine Erfahrungen als Trainer und Berater. Prof. Dr. Sandra Hamella, Vizepräsidentin der HS.R (3. von rechts.), leitete die Veranstaltung.
Prof. Dr. Thomas Groll (rechts), lehrt internationales Management an der HS.R. Gerhard Hain, Managing Partner ti communication, leitete ebenfalls die Veranstaltung.
8. Regensburger Gesprächskreis Interkulturelles Management. Fotos: Hochschule Regensburg