Als das EXIST-Gründerstipendium noch Exist-Seed hieß

Die Gründer von iNTENCE automotive electronics GmbH, Christian Nachreiner und Peter Schmidt, waren die ersten an der OTH Regensburg (damals noch Fachhochschule), die eine EXIST-Förderung an unserer Hochschule beantragt und auch bekommen haben.

Es war im Dezember 2005, als die beiden heute sehr erfolgreichen Unternehmer zu Christoph Aisch kamen, um ihre Pläne mit ihm zu besprechen. Trotz gestiegener Zahl an innovativen Unternehmensgründungen ist das Gründungspotenzial an Hochschulen in Deutschland bei weitem nicht ausgeschöpft und bedarf zusätzlicher Aktivierung. Vor diesem Hintergrund wollte schon zu jener Zeit das BMBF mit EXIST neue Wege der Förderung technologieorientierter, wissensbasierter Ausgründungen beschreiten. EXIST wurde als Baustein im Maßnahmenbündel des Bundes zur Förderung des Innovations- und Technologietransfers konzipiert, da innovative Unternehmensgründungen bereits damals als wichtiges Instrument der Verwertung von Wissen und Forschungsergebnissen aus Hochschulen angesehen wurden. 

Während heute EXIST-Anträge jederzeit eingereicht werden können, gab es zu jener Zeit zwei feste Termine, zu denen diese Anträge eingereicht werden konnten – der 31. Januar und der 31. Juli eines jeden Jahres. Die Zeit war also knapp, die Antragsunterlagen für Christian Nachreiner und Peter Schmid vorzubereiten, denn der Hochschulbetrieb ruhte von Weihnachten bis Heilig Dreikönig. Neben dem Erstellen eines ausführlichen Ideenpapiers und dem Ausfüllen von weiteren Antragsunterlagen musste die Hochschulleitung und Verwaltung mit diesem damals neuen Förderprogramm vertraut gemacht werden. Bezieher von Exist-Seed mussten von der Hochschule angestellt werden, die Gründer passten aber nicht in die Verwaltungsstruktur. Eine weitere Frage war: Welche Risiken und Verpflichtungen ergeben sich für die Hochschule aus diesem Programm?  Unterstützt wurde die Antragstellung von Anfang an von der damaligen Vizepräsidentin Prof. Dr. Süß-Gebhardt, die es in der Hochschulleitung und gegenüber dem damaligen Präsidenten, Herrn Prof. Dr. Konhäuser, vertreten hat.

Nachreiner und Schmidt nutzten die Feiertage um ihr Ideenpapier zu formulieren. Im Januar gab es dann noch einige Treffen bis das Ideenpapier in der endgültigen Fassung vorlag und alle Antragsunterlagen fertiggestellt waren. Ende Januar 2006 war es dann endlich soweit: Die Unterlagen. waren vollständig! Am 30. Januar hatte Aisch um 18 Uhr den Termin bei Prof. Dr. Konhäuser. Er ließ sich ausführlich über dieses EXIST-Programm und die beiden Gründer informieren, bevor er die Unterlagen unterzeichnete. Das Gespräch dauerte über eine Stunde. 

Die Antragsunterlagen waren fristgerecht beim Projektträger in Berlin eingegangen und wurden positiv bewertet, so dass Nachreiner und Schmidt zum 1. Mai 2006 an der Hochschule angestellt wurden und sich ihrem Gründungsvorhaben widmen konnten. Zuvor musste noch geklärt werden, ob sie am Zeiterfassungssystem teilnehmen müssen. Aber wie sollte das gehen, da sie sich ein Büro im damals noch sehr jungen IT-Speicher gemietet hatten, um die Nähe zu anderen Gründern im IT Bereich zu haben und nur selten an der Hochschule waren?

Die beiden Gründer nutzen die Zeit der Förderung sehr intensiv, um ihre Software zu entwickeln und nahmen in diesem Zeitraum auch schon erste Kontakte zu Unternehmen auf. Um sich bei Firmen zu bewerben und Aufträge zu erhalten, war es aber notwendig, eine eigene Firma zu haben. Deshalb gründeten sie bereits vor Ablauf der Förderung ihre GmbH, was jedoch zu Diskussionen mit dem Projektträger führte, da dieser bereits eine Geschäftstätigkeit vermutet. Allerdings ist mit der Bewerbung um Aufträge und mit dem Erhalt eines Auftrages noch keine Geschäftstätigkeit verbunden, weil man damit ja noch lange keine Einnahmen erzielt, sondern nur die Voraussetzung schafft, um nach Auslauf der Förderung den Geschäftsbetrieb aufnehmen zu können.

Heute beschäftigt die iNTENCE automotive electronics GmbH 90 Mitarbeiter, hat einen Jahresumsatz von circa 10 Millionen Euro und arbeitet in den zukunftsweisendsten Forschungsfeldern der Automobilindustrie. So gelang mit dieser Ausgründung die konsequente Übersetzung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in eine wirtschaftliche Wertschöpfung (auch im Sinne des § 2 Abs. 7 HRG formulierten Auftrags der Hochschulen zum Technologietransfer) und die Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze!

Später hat der Gesetzgeber das EXIST-Programm geändert. Es heißt heute EXIST-Gründerstipendium und die Gründer sind nicht mehr Angestellte der Hochschule. Die Mittel werden aber noch über die Hochschule verwaltet. Auch an der Zielsetzung des Programms hat sich wenig geändert – nach wie vor stehen neben der Übertragung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in wirtschaftliche Wertschöpfung die zielgerichtete Förderung des großen Potenzials an Geschäftsideen und Gründerpersönlichkeiten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie die Steigerung der Anzahl innovativer Unternehmensgründungen in Deutschland im Mittelpunkt.

Zum EXIST-Programm:

Das EXIST-Gründerstipendium unterstützt Studierende, Absolventinnen und Absolventen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die ihre Gründungsidee realisieren und in einen Businessplan umsetzen möchten. Bei den Gründungsvorhaben sollte es sich um innovative technologieorientierte oder wissensbasierte Projekte mit signifikanten Alleinstellungsmerkmalen und guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten handeln. Der persönliche Lebensunterhalt wird über ein Stipendium sichergestellt, zudem werden Sachausgaben (bei Teamgründungen bis maximal 30.000 Euro) gefördert, für Coaching gibt es zusätzlich nochmals 5.000 Euro. Die maximale Förderdauer beträgt ein Jahr. Nach fünf Monaten Förderdauer müssen erste Ergebnisse zum Businessplan präsentiert werden, nach zehn Monaten muss ein vollständiger Businessplan vorgelegt werden. Die Unternehmensgründung darf zum Beginn der Förderung noch nicht erfolgt sein. Die Antragstellung erfolgt über die jeweilige Hochschule. Informationen zum EXIST-Programm erteilt das Team des start-up centers

(von links) Christoph Aisch (OTH Regensburg), Peter Schmidt und Christian Nachreiner (beide iNTENCE GmbH); Foto: iNTENCE
Zu ihrer 10-Jahresfeier überreicht Christoph Aisch den Gründern und Geschäftsführern einen Glaswürfel der OTH Regensburg: (von links) Christoph Aisch (OTH Regensburg), Peter Schmidt und Christian Nachreiner (beide iNTENCE GmbH); Foto: iNTENCE.